In den USA beginnt die Unternehmensberichtssaison des ersten Quartals. Die Ergebnisse der Unternehmen dürften wie immer als Anhaltspunkte für die künftige Entwicklung des Aktienmarktes herangezogen werden. Lehren aus ihnen zu ziehen, könnte dieses Mal besonders schwierig sein, da erwartet wird, dass die Gewinne im ersten Quartal 2023 gegenüber dem Vorjahresquartal rückläufig sind. Für die Aktienanleger, die eine positive Gewinndynamik vorziehen, dürfte das ein eher unangenehmer Ausgangspunkt für Überlegungen sein.
Eine zusätzliche Herausforderung (und der Hauptgrund für den erwarteten und erneuten Gewinnrückgang) besteht darin, dass sich die Gewinne jetzt normalisieren. Nach dem Ende der Covid-bedingten Lockdowns wurde zunächst ein Boom verzeichnet, da Nachholbedarf und Inflation zu ungewöhnlich hohen Gewinnen führten. Es ist noch unklar, wie hoch die Erträge nun tendenziell ausfallen werden.
Die Analysten hoffen, dass dies das letzte Quartal mit negativem Gewinnwachstum (unter Ausschluss des Energiesektors) gewesen ist. Die gleichen schwachen Ergebnisse der letzten Quartale sollten dann im weiteren Jahresverlauf deutlich größere Zuwächse ermöglichen (siehe Schaubild 1).
Basiseffekte – Sind sie vorhersehbar?
Man könnte sich fragen, ob eine solche positive Entwicklung vernünftig ist.
Die jüngsten Daten zeigen, dass Wirtschaftswachstum und Inflationsdruck weiterhin stark sind: Das Wachstum der Beschäftigtenzahlen außerhalb der Landwirtschaft übertraf die Markterwartungen, die Einkaufsmanagerindizes für den Dienstleistungssektor liegen über 50, und die jährliche Kerninflation der Verbraucherpreise (VPI) ist im Vergleich zum Vormonat gestiegen.
Vor allem jetzt, da der Stress durch die jüngsten Turbulenzen im Bankensektor abgeklungen ist, gibt es für Investoren wenig Grund zu glauben, dass die US-Notenbank die Zinsen nicht weiter anheben wird. Tatsächlich hat sich der für diesen Zyklus erwartete Endzins nach dem Rückgang im letzten Monat teilweise erholt (siehe Abbildung 2).
Vorerst gut – Und was dann?
Wir glauben, dass letztendlich eine Rezession notwendig sein wird, um die Inflation wieder auf das 2 %-Ziel der Fed zu bringen und dass in diesem Fall sinkende Erträge wahrscheinlicher sind als steigende. Der Zeitpunkt ist unklar, aber solange die Aktienmärkte ein positives Wirtschaftswachstum verzeichnen, dürften sie an Boden gewinnen. Sobald die Auswirkungen der Leitzinserhöhung deutlicher werden, könnte sich die Stimmung am Aktienmarkt verschlechtern.
Einige Investoren haben sich stattdessen auf das Ende des Zinserhöhungszyklus als Grund konzentriert, um die Aussichten für Aktien optimistischer zu sehen. Wir halten dies für einen Irrtum. Die Zentralbanken erhöhen die Zinssätze, weil das Wachstum gut und die Inflation hoch ist, was sich positiv auf die Unternehmensgewinne auswirkt. Sie werden mit Zinssenkungen beginnen, sobald eine Rezession in Sicht ist – ein Umfeld, in dem die Erträge und Märkte in der Regel fallen.
Im Moment sieht es jedoch gut aus. Bisher haben nur 63 Unternehmen des S&P 500 ihre Zahlen vorgelegt, und das Gewinnwachstum beträgt fast 6 %, wobei die Gewinne der Finanzunternehmen wesentlich besser ausfielen als erwartet und (wie bereits in den letzten Quartalen) die enttäuschenden Ergebnisse der Technologieunternehmen ausgleichen. Die Überraschungen dürften positiv bleiben, auch wenn sich die tatsächlichen Ergebnisse verschlechtern, sobald mehr Unternehmensberichte hinzukommen.
China – Führend unter den Schwellenländern?
Trotz der Herausforderungen, mit denen die USA und Europa konfrontiert sind, fielen die Zahlen für das BIP-Wachstum in China im ersten Quartal besser aus als erwartet. Dies bestärkt die Ansicht, dass die Aktien der Schwellenländer beginnen sollten, einen Teil ihrer Underperformance des letzten Jahres aufzuholen.
Die starken Daten zu den Einzelhandelsumsätzen zeigen, dass die Erholung der Wirtschaft wahrscheinlich stärker auf das Inland ausgerichtet sein wird als in der Vergangenheit, als die globalen Auswirkungen durch erhöhte Anlageinvestitionen eher die Rohstoffpreise betrafen.
Diesmal werden wahrscheinlich die Dienstleistungssektoren das Wachstum ankurbeln, so wie es in anderen Ländern der Fall war, als sich die Wirtschaft wieder öffnete. Auf internationaler Ebene wird der Tourismus ein wichtiger Faktor sein, der bisher nur leicht gewachsen ist.
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