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Im vordergrund | Artikel - 4 Min

Weekly Market Update - der Teufel steckt im Detail

Die Ursachen der jüngsten Marktbewegungen haben sich schnell geändert: Die Ängste vor einer Überhitzung der US-Wirtschaft und Besorgnis über China scheineneinem idealen Szenario gewichen zu sein: Die Inflation ist scheinbar unter Kontrolle, das Wachstum angemessen und Peking greift durch, um insbesondere den schwachen Immobiliensektor zu stabilisieren.

Sollten wir die Rückkehr zu einem „Goldlöckchen-Szenario“, in dem das Wachstum und die Inflation ein perfektes Umfeld für Risikoanlagen bieten, feiern? Die Bewegungen an den Aktien- und Anleihemärkten legen nahe, dass es vielleicht etwas verfrüht sein könnte, die Champagnerkorken knallen zu lassen.

Die Zentralbanken halten an ihrem Ansatz fest, geldpolitische Entscheidungen „von Sitzung zu Sitzung“ zu treffen und sich dabei an den Daten zu orientieren. Aber was verraten uns die Wirtschaftsindikatoren?

Anhaltende Verlangsamung in der Eurozone

Im August fiel der zusammengesetzte Einkaufsmanagerindex (PMI) für die Eurozone auf 46,7, seinen niedrigsten Stand seit November 2020. Dies war auf die Verlangsamung der Aktivität sowohl im verarbeitenden als auch im Dienstleistungssektor zurückzuführen. Während sich der PMI für das Dienstleistungsgewerbe zwischen Dezember und Mai erholt hatte, fiel er plötzlich von 50,9 im Juli auf 47,9 im August. Damit war die Aktivität im Dienstleistungssektor erstmals seit Dezember 2022 rückläufig, wobei der Rückgang in Deutschland und Frankreich besonders stark ausfiel.

Die kombinierten PMIs im Juni und Juli ließen Befürchtungen aufkommen, dass das BIP-Wachstum im dritten Quartal gegenüber den moderaten 0,1% im zweiten Quartal erneut zurückgehen könnte.

Andere Indikatoren für das Geschäftsklima (für die Eurozone als Ganzes und für die großen Volkswirtschaften der EU) ließen einen Rückgang der Nachfrage und einen geringen Auftragsbestand erkennen.

Müssen die USA die Lehrbücher umschreiben?

Während die Wirtschaft in der Eurozone den in den Wirtschaftslehrbüchern beschriebenen Verlauf zu nehmen scheint – restriktive Geldpolitik, die das Wachstum verlangsamt, insbesondere über Kredite an den privaten Sektor – ist das US-Wachstums robuster als vom Markt erwartet und verwirrt die Wirtschaftsexperten.

Aktuelle US-Indikatoren deuteten auf eine starke Wirtschäftstätigkeit in diesem Sommer hin. Die laufende Schätzung für das BIP-Wachstum im 3. Quartal gemäß dem GDPNow-Prognosemodell der Federal Reserve of Atlanta einschließlich der zum 6. September verfügbaren Daten beläuft sich annualisiert auf 5,6% und ist damit gegenüber der Schätzung für das erste Quartal (2,0%) und das zweite Quartal (2,1%) gestiegen.

Zu den GDPNow-Indikatoren, die den Anstieg seit Mitte August erklären, zählen Beschäftigung, Industrieproduktion, Einzelhandelsumsätze und zuletzt der ISM-Einkaufsmanagerindex des Dienstleistungsgewerbes. Dieser lag am 6. September überraschend hoch und führte zu Aufwärtsdruck auf die Anleiherenditen.

Abbildung 4 zeigt, dass die US-Wirtschaft schwerer zu verstehen ist als diejenige der Eurozone, obwohl die US-Notenbank ihren geldpolitischen Straffungszyklus fünf Monate früher als die Europäische Zentralbank begonnen hat, die Zinsen stärker angehoben hat (+525 Bp. gegenüber 425 Bp.) und ihren Leitzins stärker erhöht hat (5,50% für die US Federal Funds Rate gegenüber 3,75% für den Einlagenzins der EZB).

Das Vergleichen des Zinsniveaus auf der Seite diesseits des Atlantiks mit demjenigen jenseits des Atlantiks ist jedoch nicht unbedingt die aufschlussreichste Vorgehensweise.

Einerseits wird das Ausmaß der geldpolitischen Straffung unter Berücksichtigung der makroökonomischen Fundamentaldaten der jeweiligen Volkswirtschaft gemessen. Fed-Vorsitzender Powell wies beim Symposium in Jackson Hole im August darauf hin: „Wir können den neutralen Zinssatz nicht mit Sicherheit feststellen und daher besteht immer Unsicherheit über das genaue Maß der geldpolitischen Straffung.“

Andererseits musste die EZB die außergewöhnliche Geldpolitik der negativen Leitzinsen, die das Verhalten der Wirtschafts- und Finanzakteure grundlegend verändert hat, beenden.

Erste Anzeichen für die Folgen der Straffung in den USA

Wie im Juli deutete der US-Arbeitsmarktbericht für August auf eine Abkühlung des Arbeitsmarkts hin, ein Trend, der jetzt für Anleger am günstigsten zu sein scheint.

Die Nettoarbeitsplatzschaffungen entsprachen mit 187.000 in etwa den Markterwartungen, aber nach der Abwärtskorrektur der Zahlen für die Vormonate lag der Dreimonatsdurchschnitt für die Arbeitsplatzbeschaffung bei lediglich 150.000 gegenüber mehr als 300.000 im ersten Quartal.

Das Tempo der Arbeitsplatzbeschaffungen in den letzten drei Monaten ist das langsamste seit Ende 2019 und entspricht unseres Erachtens einer Normalisierung der Bedingungen am Arbeitsmarkt.

Der stetige Anstieg der Erwerbsquote ist im Einklang mit demselben Trend der Wiederherstellung des Gleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage bei den Arbeitsplätzen. Der Anstieg der Arbeitslosenquote von 3,5% auf 3,8% sollte nicht überinterpretiert werden, aber der stetige Rückgang der Stundenlöhne ist ebenfalls ein positives Signal, auch wenn die Lohnerhöhungen mit 4,5% gegenüber dem Vorjahr dynamisch bleiben.

Ein weiteres Phänomen, das in den kommenden Quartalen entscheidend sein wird, ist der Anstieg der privaten Konsumausgaben, da die Verbraucher die ungewöhnlich hohen Ersparnisse, die sie während und unmittelbar nach der Pandemie angehäuft hatten, ausgeben werden.

Auch hier besteht erhebliche Unsicherheit, insbesondere wenn es darum geht, zu schätzen, wie umfangreich dieser „Ersparnisüberschuss“ ist. Die wahrscheinlichste Hypothese ist, dass das Geld in diesen speziellen Sparschweinen bis zum Jahresende aufgebraucht sein wird.

Vor diesem Hintergrund rechnen wir nach wie vor mit einer Verlangsamung Ende 2023 und Anfang 2024, auch wenn wir unsere Schätzung des BIP-Wachstums für das dritte Quartal nach oben korrigiert haben.

Long-Positionen in Anleihen sind gerechtfertigt

Die jüngsten Entwicklungen und der Inflationsausblick haben die Bedenken der Marktteilnehmer hinsichtlich eines weiteren Anstiegs der Inflation (ohne das Risiko externer Schocks) ausgeräumt.

Unter diesem Gesichtspunkt scheint der Inflationsausblick klarer zu werden, auch wenn es noch eine Weile dauern wird, bis die Inflation wieder ein Niveau erreicht, das mit den Inflationszielen der Zentralbanken vereinbar ist. In den Schwellenländern wurden bereits gewisse Fortschritte erzielt, die erste (in einigen Fällen umfangreichere als erwartete) Zinssenkungen durch einige Zentralbanken der Schwellenländer ermöglichen.

Im Hinblick auf das BIP-Wachstum – und damit die Wirtschaftstätigkeit und die Gewinne der Unternehmen – erscheint uns das derzeitige Konsensszenario zu optimistisch, insbesondere für die US-Wirtschaft. Für die kommenden Monaten erwarten wir eine Verlangsamung der Wirtschaftstätigkeit und eine unveränderte Geldpolitik (vor Zinssenkungen) in den großen Industriestaaten.

Dies dürfte Anleihen stützen, die derzeit einen hohen Risikobeitrag in unseren Portfolios leisten. Wir ziehen eine Aufstockung unserer Positionen bei gleichzeitiger Diversifizierung unserer Bestände in Betracht. 

Kurzfristig steuern wir jedoch auf eine neue Phase der Anpassungen der Erwartungen zu, möglicherweise in Verbindung mit erratischen Kursbewegungen, bis sich schließlich das wahrscheinlichste Szenario – weniger Inflation und geringere Wachstumsraten – durchsetzt.

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